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DAS FEINE GLEICHGEWICHT ZWISCHEN KORROSION UND WIRKSAMKEIT

Desinfektion von Prozesswasser

Bei Weltraummissionen wird intensiv nach Wasser als Hinweis auf außerirdisches Leben gesucht. Das ist kein Zufall: Soweit wir wissen, ist Wasser eine Grundvoraussetzung für organische Aktivitäten. In den letzten Jahren wurde häufig Wasser außerhalb unseres Planeten gefunden, aber bisher gibt es keine eindeutigen Beweise für die Existenz von (Mikro-)Organismen im Kosmos. Ich persönlich glaube, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir sie finden werden, denn jeder QS-Manager wird meiner Aussage zustimmen: Wo Wasser ist, sind auch Bakterien.

Biofilm im Prozesswasser

Auch in der Metallbranche wird Wasser in großem Umfang verwendet, aber auch hier wird nach Beweisen gegen die Existenz von Mikroorganismen im Wasser gesucht. Bakterieller Druck im Wasser ist nicht nur eine Ursache für Qualitätsverluste und unerwünschte Rückstände in Produkten, sondern beeinträchtigt auch die Materialien und Leitungen selbst durch mikrobiologisch induzierte Korrosion (MIC). Diese Korrosion ist nicht auf Metalle beschränkt, sondern kann auch Beton und Glas betreffen.

Biofilmbildung in Wasserleitungen (Quelle: Universität von Arkansas)

MIC wird durch Mikroorganismen verursacht, die Biofilme auf Oberflächen bilden und anschließend Substanzen absondern, die eine korrosive Wirkung haben. Biofilm ist eine hartnäckige, schleimige Schicht aus Mikroorganismen. Die Bildung von Biofilmen ermöglicht es Mikroorganismen, sich an ihre Umgebung anzupassen und gemeinsam zu überleben, wenn sie dies allein nicht schaffen. Bakterien in einem Biofilm sind widerstandsfähiger gegen Antibiotika und Desinfektionsmittel als in einem losen (planktonischen) Zustand.

Die Entwicklung des Biofilms

In Wasserrohren bildet sich ein Biofilm durch lose (planktonische) Mikroorganismen, die sich an der Rohrwand festsetzen. Mit Hilfe spezieller Moleküle, die als extrazelluläre polymere Substanzen (EPS) bezeichnet werden, nehmen die losen Zellen miteinander Kontakt auf und es bilden sich verschiedene Schichten im Biofilm. Auf diese Weise kann der Biofilm z. B. dem Wasserfluss mehr Widerstand entgegensetzen. Durch den gegenseitigen Kontakt entwickeln sich die Mikroorganismen anders als sonst. So entsteht eine komplexe Struktur, in der sich Zellen spezialisieren und Organismen der gleichen Art unterschiedliche Aufgaben erfüllen. Es handelt sich um ein in sich geschlossenes Ökosystem, das Spezialgebiete wie Nahrungsbeschaffung und Verteidigung umfasst. Die äußere Schicht eines Biofilms dient vor allem der Ausbreitung: Die Mikroorganismen werden freigesetzt und als planktonische Zellen vom Wasser mitgerissen. Auf diese Weise besiedelt der Biofilm neue Stellen im Rohr.

Die Bildung eines Biofilms kann in vier Schritte unterteilt werden: Anheftung, EPS-Produktion, Biofilmentwicklung und Neubesiedlung.

Die wirksame Entfernung und Verhinderung von Biofilmen ist daher von entscheidender Bedeutung für eine strukturelle Verbesserung der Qualität des Prozesswassers und der damit verbundenen Materialien.

Entfernung von Biofilm

Die Zusammenarbeit und Spezialisierung eines Biofilms macht ihn besonders widerstandsfähig, u. a. gegen Antibiotika, Temperatur, Druck und saure oder basische Umgebungen. Das macht es extrem schwierig, einen Biofilm richtig zu entfernen. Es ist nicht nur wichtig, dass der Biofilm abgebaut wird, sondern auch, dass die Bakterien kontinuierlich und vollständig abgetötet werden, damit sie sich nicht erneut an den Rohren festsetzen und einen neuen Biofilm bilden können. Der korrekte Einsatz von Desinfektionsmitteln ist jedoch keine leichte Aufgabe: Es bestehen nicht nur Risiken in Bezug auf die Arbeitssicherheit, sondern die üblicherweise verwendeten Chemikalien können auch die Qualität des Wassers und des Endprodukts durch die Bildung chemischer Rückstände beeinträchtigen. Die Dosierung eines wirksamen Desinfektionsmittels ist daher sehr genau: Eine Unterdosierung führt zu falscher Sicherheit und Resistenz bei den Mikroorganismen, während eine Überdosierung aufgrund der korrosiven Eigenschaften der Desinfektionsmittel selbst Schäden an den Materialien verursacht.

Das Oxidations-Reduktionspotenzial

Für eine korrekte Anwendung der Desinfektion ist es unumgänglich, die Chemie einzubeziehen. Um richtig zu verstehen, wie Biofilm entfernt (und verhindert) werden kann, ohne dass das Mittel schlimmer ist als die Krankheit, müssen wir uns die Eigenschaften von Desinfektionsmitteln genauer ansehen. Einer der wichtigsten Begriffe in diesem Zusammenhang ist die Reduktions-Oxidations-Reaktion, abgekürzt Redox und angegeben durch die Größe ORP (in mV). Kurz gesagt, gibt dies die Fähigkeit eines Desinfektionsmittels an, ein Sauerstoffatom zu entfernen und/oder Elektronen zu gewinnen (Reduktion) oder Sauerstoffatome hinzuzufügen und/oder Elektronen zu verlieren (Oxidation).

Korrosion

Warum ist das wichtig? Ein einfaches Beispiel ist Kupfer, das durch Sauerstoff oxidiert, wenn es zu lange im Freien liegt. Durch Korrosion verändern die Materialien ihre Zusammensetzung, wodurch sie ihre Elastizität verlieren und bröckeln. Im Hinblick auf die Korrosion wäre daher ein Desinfektionsmittel mit einem möglichst niedrigen Redoxpotential vorzuziehen.

Desinfektion

Es gibt verschiedene Methoden zur Beseitigung von Mikroorganismen, aber Redoxreaktionen spielen eine große Rolle, insbesondere bei der Verwendung von Desinfektionsmitteln. Was haben gängige Desinfektionsmittel wie Wasserstoffperoxid (H2O2), Chlordioxid (ClO2), Natriumhypochlorit (NaClO; auch als Bleichmittel bekannt) und Peressigsäure (C2H4O3) gemeinsam? Eine reaktive Sauerstoffkomponente. Die Wirksamkeit dieser Mittel beruht also auf der Oxidation der äußeren Schicht eines Mikroorganismus. Mit anderen Worten: Je höher das Redoxpotential eines Desinfektionsmittels ist, desto stärker ist das Desinfektionsmittel. Was die Desinfektion betrifft, so ist ein Desinfektionsmittel mit einem möglichst hohen ORP-Wert zu bevorzugen.

Siehe hier: ein Dilemma.

Wirksame Desinfektion

Die Lösung für dieses scheinbar unlösbare Dilemma liegt in der Dosierung, die erforderlich ist, um Biofilm zu entfernen und zu verhindern. Wenn nur sehr wenig von einem wirksamen Desinfektionsmittel benötigt wird, erfolgt die Korrosion langsamer. Dadurch wird MIC vollständig verhindert und der Schaden durch chemische Korrosion minimiert. Leider ist es nicht möglich, Korrosion vollständig zu beseitigen, da kleine Mengen von Korrosion im Laufe der Zeit immer noch erhebliche Auswirkungen haben werden.

Vielfalt der Natur

Um das ideale Desinfektionsmittel zu finden, sollte man nicht nur auf das ORP achten. Mikroorganismen sind äußerst vielfältig und daher unterschiedlich empfindlich gegenüber bestimmten Wirkstoffen. Chlor ist zum Beispiel wirksam gegen Bakterien, aber Schimmels sind extrem resistent dagegen: siehe auch diese Studie über Schimmels in niederländischen Schwimmbädern der Wageningen University of Research: Link.

Die Grundlage dafür liegt in der Anatomie der verschiedenen Arten von Mikroorganismen. Mikroorganismen werden durch eine Zellmembran und eine Zellwand erschlossen. Die Zellmembran ist eine Fettschicht, die dafür sorgt, dass der Inhalt der Zelle im Inneren bleibt, und die Zellwand hat eine Struktur- und Schutzfunktion. Bei fast allen Lebewesen auf der Erde - vom Menschen über Bakterien bis zu Bananenpflanzen - ist der Aufbau der Zellmembran gleich: eine Doppelschicht aus Phospholipiden. Die Zellwand kann jedoch von einem Organismus zum anderen sehr unterschiedlich sein.

Die Stadtmauer

Da die Zellwand die äußerste Schicht vieler Mikroorganismen ist, wird sie oft mit einer Stadtmauer verglichen. Es gibt Tore, die den Zugang ermöglichen, aber im Allgemeinen ist es eine Barriere, die unerwünschte Dinge fernhält. Und wie bei einer Stadtmauer entscheidet das Material, aus dem die Zellwand besteht, über den Grad des Schutzes gegen bestimmte Angriffe. Eine Stadtmauer aus Holz ist sehr feuerempfindlich, aber gegen eine Mauer aus Stein muss man schon einige Fackeln einsetzen, um sie niederzureißen. Dasselbe gilt für Mikroorganismen: Die Zusammensetzung der Zellwand macht einen Schimmel resistenter gegen Chlor als Bakterien. Und selbst innerhalb des Bereichs der Schimmels und Bakterien gibt es viele Unterschiede zwischen den einzelnen Arten. Da der Biofilm ein vielfältiges Ökosystem aus verschiedenen Arten von Mikroorganismen ist, ist er resistenter gegen Desinfektionsmittel als die planktonischen Zellen selbst. Eine Stadtmauer besteht nicht nur aus Holz, sondern auch aus Stein, Stacheldraht und Sandsäcken; das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

Effektivität

Um all diese Hindernisse zu überwinden, gibt es eigentlich zwei Lösungen. Entweder wird eine höhere Dosierung von Wirkstoffen verwendet (viel Feuer macht schließlich auch klein) oder es werden mehrere Wirkstoffe eingesetzt, um alle Arten von Mikroorganismen zu entfernen. Wie bereits erläutert, ist eine höhere Dosierung der Wirkstoffe aufgrund der daraus resultierenden verstärkten chemischen Korrosion nicht wünschenswert. Das ideale Desinfektionsmittel für Brauchwasser ist eines mit mehreren Wirkstoffen. Das Problem ist nur: Wo findet man einen?

Wie steht es mit der Sterilisation?

Obwohl Sterilisationsverfahren wie UV-Licht oder Erhitzung hervorragende Methoden sind, um Mikroorganismen ohne chemische Rückstände abzutöten, eignen sie sich nicht für die Desinfektion von Wasserleitungen. Denn diese Methoden sind nur lokal wirksam und verhindern nicht, dass sich die Schadstoffe in den Rohren selbst zu Biofilmen entwickeln. Für eine wirksame Desinfektion von Prozesswasser ist es wichtig, dass ein Desinfektionsmittel im gesamten System und nicht nur an einer Stelle im System wirksam ist.


In-situ-Desinfektion

Die schlechte Nachricht: Das Mischen von Chemikalien ist lebensbedrohlich. Die gute Nachricht: Die Herstellung eines Desinfektionsmittels mit breitem Wirkungsspektrum kann immer noch im eigenen Haus durchgeführt werden. Die Zukunft der Desinfektion ist in situ. Abgesehen von den gefährlichen Nebenprodukten (sprich: tödlichen Gasen), die beim Mischen verschiedener Desinfektionsmittel entstehen, sinkt auch die Stabilität. Wenn mehrere Moleküle mit einem hohen Redoxpotential miteinander in Kontakt kommen, reagieren sie hauptsächlich miteinander. Bis ein gefüllter Kanister am Einsatzort eintrifft, hat das Desinfektionsmittel bereits einen Großteil seiner Wirkung verloren.

DIY-Desinfektion

Dies kann jedoch leicht umgangen werden, indem ein Desinfektionsmittel vor Ort hergestellt und verwendet wird. Das mag futuristisch erscheinen, aber die In-situ-Desinfektionstechnologie hat in den letzten zehn Jahren große Fortschritte gemacht. Dabei werden Wasser und Salz mit Hilfe eines Geräts in ein Desinfektionsmittel mit breitem Wirkungsspektrum umgewandelt, das als elektrolytisch oxidierendes Wasser (EOW) bezeichnet wird und direkt in das Wassersystem eines Unternehmens verabreicht werden kann.

Wie das Watter-System functioniert und das desinfektionmittel produziert

Bei der In-situ-Technologie wird ein Desinfektionsmittel hergestellt, das aus mehr als 20 Wirkstoffen besteht, von denen der wichtigste HOCl ist, auch bekannt als unterchlorige Säure oder hypochlorige Säure. Trotz des Säurezusatzes ist es ein sehr freundliches Mittel. Dieses Molekül wird z. B. auch von den Immunzellen von Säugetieren produziert, um Mikroorganismen zu eliminieren. Ergänzt durch verschiedene andere Wirkstoffe (u. a. Sauerstoffradikale) ist die Wirksamkeit der in situ hergestellten Desinfektionsmittel sehr hoch. So kann der Biofilm mit sehr niedrigen Desinfektionsmittelkonzentrationen, etwa 3-6 ppm, kontinuierlich entfernt und verhindert werden. All dies führt zu einer wirksamen Desinfektion, ohne die gefürchtete Korrosion.

Eine Win-Win-Win-Situation

Aufgrund dieser Eigenschaften macht die In-situ-Technologie große Fortschritte, insbesondere bei der Wasserdesinfektion. Neben den bereits erwähnten Vorteilen in Bezug auf Wirksamkeit und Korrosionsfreiheit ist es auch in finanzieller Hinsicht eine sehr attraktive Option. Die Betriebskosten sind äußerst gering; Leitungswasser und Salz sind leicht verfügbar. Die eigene Produktion macht einen Zulieferer überflüssig, ebenso wie indirekte Kosten wie Transport, Lagerung, Lagerverwaltung und Verarbeitung von Kunststoff- und/oder Chemieabfällen. In den Niederlanden schließlich wird die Technologie bereits seit Jahren in der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie eingesetzt, so dass sie die Entwicklungsphase hinter sich gelassen hat. Außerdem bedeutet die Zusammensetzung eines in situ hergestellten Desinfektionsmittels, dass es sich in Wasser relativ leicht zersetzt. Daher gibt es keine chemischen Rückstände, die in das Prozesswasser gelangen können, und das Desinfektionsmittel kann ohne persönliche Schutzausrüstung gehandhabt werden. Zusammen ergibt dies eine Win-Win-Win-Situation in Bezug auf Effizienz, Gewinn und Sicherheit.

Die Zukunft der Desinfektion

Für eine wirksame, sichere Desinfektion zur Entfernung der schädlichen Auswirkungen von Mikroorganismen im Prozesswasser, wie MIC und Gesundheitsrisiken, sollte jeder Produktionstechnologe und QS-Manager das Potenzial der In-situ-Technologie in seinem Unternehmen erkunden. Die einfachen Anforderungen in Verbindung mit der Wirksamkeit und Sicherheit des Produkts ermöglichen eine Desinfektion an Orten, an denen dies bisher nicht möglich war. Es ist daher nicht undenkbar, dass In-situ-Geräte eines Tages in den Kosmos reisen werden, um dort unerwünschte Mikroorganismen zu entfernen. Wussten Sie übrigens, dass die In-situ-Technologie ursprünglich von der sowjetischen Raumfahrtindustrie entwickelt wurde?

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